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Drei Schritte zu leichterem Feedback

Drei Schritte, mit denen jüngere Führungskräfte auch Älteren gegenüber leichter Feedback geben können

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Als junge Führungskraft ist es zunächst oft schwierig, älteren Mitarbeitern gegenüber Kritik zu äußern. Es spielen Skrupel dabei eine Rolle, die aus der „guten Erziehung“ stammen. Viele haben auch selbst niemals ein gutes Feedbackgespräch erlebt und deshalb keine persönliche Erfahrung und kein Vorbild, das sie zunächst kopieren könnten.

Lesen Sie meine Tipps zu einem 3-Schritte-System, das es Ihnen vor allem zu Beginn Ihrer Karriere leichter macht, auch älteren Mitarbeitenden ein Feedback zu geben. Und erfahren Sie, warum "WWW" auch außerhalb des Internets für Sie eine Rolle spielen sollte.

Als junge Führungskraft älteren Mitarbeiter ein negatives Feedback geben?

Diese Tipps hätte ich damals gerne gehabt:

Ich war Mitte 30 als ich die Leitung der Bremer Bahnhofsmission übernahm, und die meisten meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren deutlich älter und erfahrener. Die Abläufe kannten sie zunächst viel besser als ich – und das war beiden Seiten bewusst. Zu meinen Aufgaben gehörte natürlich auch, wie in jeder Leitungsrolle, Ihnen Feedback zu geben: im Rahmen der Einarbeitung oder auch im Alltag. Wirklich leicht fiel es mir nur bei den Zivis, die es damals noch gab (ja, so lange ist das schon her…). Zu den jungen Männern hatte ich den richtigen Abstand und ein klares Rollenverhältnis. Bei den anderen Teammitgliedern fiel mir das damals meistens schwer. Und das hatte viele Gründe:

 

 

Sie waren so bemüht. Die Gäste der Bahnhofsmission sind Menschen mit unterschiedlichem lebensgeschichtlichem Hintergrund. Viele von ihnen sind drogen- und alkoholabhängig, obdachlos oder psychisch krank. Die Arbeit mit ihnen erfordert oft viel Geduld und Nachsicht. Ich habe bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesehen, wie sie sich menschlich sehr bemüht haben um die Klientel, um einen respektvollen Umgang und darum, ihnen immer wieder freundliche Hilfsangebote zu machen. Und da bildete ich mir ein, Sie kritisieren zu können?

 

 

 

Sie waren Respektspersonen für mich. Der Altersunterschied hat mir Respekt eingeflößt, das hat mich in meiner Rolle als Leiterin beeinflusst und mich manchmal von Kritik zurückgehalten.

 

 

 

Ich war abhängig von ihnen und wollte sie nicht vergraulen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahnhofsmission machten ihren Dienst ehrenamtlich, d.h. eine wirkliche Verpflichtung zur Arbeit bestand nicht, sie konnten auch kurzfristig ihr Engagement beenden. Ich war letztendlich für die Aufrechterhaltung des Betriebs darauf angewiesen, dass sie nicht nur ihren Dienst machten, sondern auch einmal eine zusätzliche Wochenend-Schicht übernehmen oder bei Bedarf kurzfristig einspringen würden. Deshalb wollte ich ihnen auf keinen Fall das Gefühl vermitteln, sie nicht zu mögen oder ihnen die Arbeit nicht zuzutrauen. (Kleine Nebenbemerkung: Damals unterschätze ich die Stärke der inneren Verbundenheit. Inzwischen weiß ich, wie wirksam und verlässlich eine starke Bindung zu einer Aufgabe ist – völlig unabhängig davon, ob sie angestellt oder ehrenamtlich ausgeübt wird.)

 

 

 

Was habe ich also damals gemacht? Ich habe mich um negatives Feedback herumgewunden, habe es hinausgeschoben und, wenn es eben ging, auch vermieden. Schlechte Taktik, ich weiß. Denn bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben sich dann die negativen Anlässe so lange summiert, bis ich nicht mehr darum herum kam und es dann gleich eine große Aussprache wurde. Das war nicht sinnvoll, denn es führte bei ihnen zu einer reinen Abwehrhaltung. Leider hatte ich damals noch keine Routine entwickelt für Feedbackgespräche, sie waren nicht regelmäßiger Teil des Betriebs, sondern fanden nur anlassbezogen – und das heißt bei einem Anlass zur Kritik – statt. Daher wurde meine Aufforderung „Bitte kommen Sie gleich mal in mein Büro, ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen.“ schon an sich etwas Besonderes. 

 

Heute weiß ich, wie es anders geht:

Schritt 1: Führen Sie regelmäßig Feedbackgespräche!

Führen Sie mit allen Teammitgliedern mindestens ein jährliches Mitarbeitendengespräch. Geben Sie Feedback zur Leistung und zur Stellung im Team. Und holen Sie sich selbst auch Rückmeldung ein, fragen Sie nach der Zufriedenheit mit der Aufgabe, mit der Zusammenarbeit im Team und auch mit Ihnen als Führung. Besprechen Sie auch die Perspektiven und Weiterbildungsmöglichkeiten und treffen Sie dazu gegebenenfalls konkrete Verabredungen. Die Zeit, die Sie für diese Gespräche einsetzen, ist lohnende und wertvolle Investition: Sie binden die „Guten“, also die leistungsstarken und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an Ihre Organisation und verabreden mit den Leistungsschwachen konkrete Schritte zur Verbesserung.

 

Nutzen Sie bei neuen Teammitgliedern die Einarbeitung für verschiedene Gespräche, z.B. zu Beginn, nach der Hälfte der Probezeit und dann zum Ende der Probezeit. Geben Sie ehrliches Feedback zur Leistung und zur Integration ins Team. Und fragen Sie nach, wie Ihr Gegenüber mit dem unverbrauchten Blick die Abläufe, das Team und die Arbeitsatmosphäre wahrnimmt.

Die Gespräche werden durch ihre Regelmäßigkeit zu einem "normalen" Teil der Arbeit, sie verlieren den Status des Besonderen. Und es entsteht ein Übungseffekt für Sie zum Ausbau Ihrer Führungsfähigkeiten.

Schritt 2: Führen Sie rechtzeitig anlassbezogene Gespräche

Scheuen Sie sich nicht, mit den Einzelnen zeitnah zu sprechen, wenn Sie eine Veranlassung sehen. Häufen Sie nicht verschiedene Ereignisse oder negative Feedbacks an, sondern stellen Sie sich, dass der Bezug noch besteht. Das gilt für Kritik genauso wie für Lob, sparen Sie auch damit nicht. Geben Sie ehrlich Feedback, wenn es dran ist.

Schritt 3: Nutzen Sie für negatives Feedback die WWW-Formel

So wird Ihre Kritik nachvollziehbar und damit leichter annehmbar:

 

A) Wahrnehmung:

Erklären Sie, worauf sich Ihre Kritik bezieht, was Sie wahrgenommen haben. Bleiben Sie dabei zunächst nur bei dem, was zu sehen und zu hören war und vermeiden Sie jede Interpretation oder Verallgemeinerung im Sinne von: „Sie lassen in letzter Zeit immer öfter Ihre schlechte Laune raus.“ „Sie setzen durch Ihr Verhalten Ihre Kollegen unter Druck.“ Stattdessen bleiben Sie ganz konkret:

„Gestern Nachmittag bei der Übergabe wurden Sie laut, Sie sind den anderen über den Mund gefahren und haben sie nicht ausreden lassen.“

„Vorhin in der Teamsitzung haben Sie gesagt, sie würden für ihre Kollegen nicht mehr einspringen, wenn sich die Aufgabenverteilung ändert.“

 

 

 

B) Wirkung:

Als zweiten Punkt erklären Sie, wie das genannte Verhalten auf Sie wirkte und welche Wirkung es im Team hat, zum Beispiel folgendermaßen:

„Sie nehmen sich mehr Raum als andere, als sei die Meinung der anderen nicht so wichtig wie Ihre. Sie verhindern damit, dass alle zu Wort kommen.“

„Ihre Aussage in der Teamsitzung wirkt auf mich so, als wollten Sie mich und die anderen unter Druck setzen und erpressen.

 

 

 

C) Wunsch:

Enden Sie mit einem Wunsch, der konstruktiv in die Zukunft gerichtet ist:

„Ich wünsche mir, dass in der Übergabe alle gleichermaßen zu Wort kommen und erwarte, dass Sie den anderen auch zuhören.“

„Ich lehne diese Art von Druck ab und ich wünsche mir, dass Sie das zukünftig unterlassen. Ihre Kritik an der neuen Aufgabenverteilung wurde besprochen, aber die anderen sehen das anders. Jetzt ordnen Sie sich bitte dem neuen Plan unter.“

Indem Sie Position beziehen, deutlich werden und Ihren Wunsch bzw. Ihre Erwartung für die Zukunft nennen, hat Ihr Gegenüber die Chance, den Sinn besser zu verstehen. Vielleicht ist ihm die Wirkung nicht bewusst und vielleicht ist sie für ihn auch nicht nachvollziehbar. Aber dadurch, dass Sie ganz konkret über eine bestimmte Situation sprechen, ist ein Verständnis leichter herzustellen. Bei allgemeiner und grundsätzlicher Kritik hat Ihr Gesprächspartner eigentlich nur die Chance, sich zu verteidigen – das verändert nichts zum Guten. Deshalb ist das Vorgehen nach diesen drei Schritten in jeder zwischenmenschlichen Beziehung für negatives Feedback sinnvoll.

 

Junge Führungskräfte brauchen unterstützende Systeme, an die sie sich halten können. Für mich gehören die Grundsätze der zeitnahen und der regelmäßigen Gespräche zusammen mit der WWW-Formel unbedingt dazu!


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